Nationalelf

Pause für Ballack, Chance für Kießling

Löw fordert "mehr Mut zur Menschlichkeit"

Pause für Ballack, Chance für Kießling

Joachim Löw

Die passenden Worte gefunden: Joachim Löw bei der Pressekonferenz am Montag. picture alliance

Der Bundestrainer begann seine Rede mit einer Danksagung an alle, die zu "diesem würdigen Begräbnis beigetragen haben". Löw bedankte sich insbesondere bei seinen Spielern, auch sie wohnten der Trauerfeier am Sonntag in der AWD-Arena bei. "Die Mannschaft hat ihre Gefühle richtig zum Ausdruck gebracht. Es ist für alle ein Augenblick in der Trauer zum Nachdenken gewesen." Löw forderte für die Zukunft "mehr Mut zur Menschlichkeit" - und ließ einen bewegenden Satz zur Person Robert Enke folgen. "Er war nicht nur ein außergewöhnlich guter Torhüter, sondern auch ein außergewöhnlich guter Mensch."

Telefonat mit Enkes Vater

Mit dem Vater von Enke habe Löw ein längeres Telefonat geführt. "Dieses Gespräch war für beide Seiten sehr gut." Er habe mit dem promovierten Psychotherapeuten auch intensiv über das Thema Depressionen gesprochen. "Er hat mir einige Dinge erklärt, mit denen ich mich bereits in den Tagen zuvor beschäftig hatte. Aber es war mir wichtig, die Dinge aus seiner Sicht zu erfahren, da er ja schon lange mit der Situation vertraut war", berichtete Löw. Enkes Vater Drik hatte bereits in einem Interview ausdrücklich betont, dass es bei dem Selbstmord seines Sohnes keine Rolle gespielt habe, dass ihn Löw nicht für die Länderspiele gegen Chile, und die Elfenbeinküste berufen habe: "Ein wichtiges Anliegen ist mir, Herrn Löw von der Frage zu entlasten: Was wäre, wenn ich ihn nominiert hätte? Ich glaube, dass Robert das in Ordnung fand, weil er neun Wochen raus war." Löw reagierte erleichtert. "Natürlich hinterfragt man nach einem solch schrecklichen Ereignis alles. Wir hatten aber alle keine Chance, Robert von diesem Vorhaben abzuhalten. Wir dürfen uns deshalb keine Vorwürfe machen."

Klar, dass die Rückkehr zu sportlichen Überlegungen nicht leicht fällt, auch wenn der DFB alles tun will, um zur Normalität zurückzukehren. Das Training soll die Spieler ablenken von den tragischen Geschehnissen der vergangenen Woche. Ob wirklich jeder in der Lage ist, seinen Kopf bis zum Spiel am Mittwoch freizubekommen, ist zweifelhaft. Löw ist aber voller Zuversicht. "Ich habe gespürt, dass alle Spieler auflaufen können", so der Bundestrainer. Dennoch werde er die Spieler genau beobachten und weitere Gespräche führen.

Angeschlagener Ballack wird geschont

Vorschau & Meldungen

Wie sehr das Spiel in den Hintergrund rückt, wurde auch bei der Frage nach personellen Entscheidungen klar, zum Beispiel wer gegen die Elfenbeinküste das Tor hüten wird. "Wir haben uns darüber noch nicht unterhalten", erklärte Löw. So blieb also offen, ob Manuel Neuer oder Tim Wiese im Tor stehen wird oder beide eine Halbzeit spielen. Klar ist: Michael Ballack wird in der Schalker Veltins-Arena nicht auflaufen. Der Kapitän schlägt sich mit einer Reizung in der Kniefalte herum und soll sich in den nächsten Tagen schonen. "Es macht keinen Sinn, ein Risiko einzugehen", erklärte Löw, zumal Ballack mit dem FC Chelsea noch eine lange und anstrengende Saison vor sich habe.

In der Startelf wird hingegen Stefan Kießling stehen. "Ich werde Stefan von Beginn an bringen, weil er in Leverkusen in den vergangenen Wochen hervorragende Leistungen gezeigt hat. Er wird seine Chance bekommen", so Löw.

Enke-Trikot auf der Bank

Doch auch das wird am Mittwoch nur eine Randnotiz sein. Die Trauer um Robert Enke ist immer noch allgegenwärtig. Ein Trikot des achtmaligen Nationalspielers wird auf der Reservebank liegen. Zudem werden Bilder über Leben und Karriere des Torhüters über die Videoleinwand zu sehen sein.