DFB-Pokal

Kommentar zum DFB-Pokal-Finale: Traut euch gegen die Bayern!

Kommentar zum DFB-Pokal-Finale

Traut euch gegen die Bayern!

Voreilige Zweifel an der Qualität dieses Trainers sind vorerst eingeebnet: Niko Kovac nach dem DFB-Pokal-Triumph.

Voreilige Zweifel an der Qualität dieses Trainers sind vorerst eingeebnet: Niko Kovac nach dem DFB-Pokal-Triumph. Getty Images

Vom DFB-Pokal-Finale in Berlin berichtet kicker-Chefreporter Karlheinz Wild

Was für ein explosiver Jubel! Schon nach dem 2:1-Führungstreffer (82.) waren die Frankfurter Spieler und die gesamte Ersatzbank nicht mehr zu halten. Und als Mijat Gacinovic die zwei Treffer des Kollegen Ante Rebic in der letzten Sekunde der Nachspielzeit mit einem Flachpass ins leere Bayern-Tor zum fünften Pokalsieg der Frankfurter Eintracht veredelt hatte, war die Sensation perfekt: Der Außenseiter gewann gegen den klaren Favoriten Bayern München mit 3:1 Toren. Die Münchner schafften es nicht, das Double-Dutzend voll zu machen.

Mag dieser Erfolg angesichts der besseren Torchancen für die Münchner - einzig Robert Lewandowski gelang ein Treffer, 1:1-Ausgleich (53.) - und zweier Lattentreffer von Lewandowski und Mats Hummels auch glücklich gewesen sein für die Frankfurter, so haben sich die Mannen hinter dem wuchtigen Angriffsführer Kevin-Prince Boateng diesen Titel doch sehr wohl verdient. Es war ein Sieg des größeren Willens, der heißeren Leidenschaft, der absoluten Kampfbereitschaft. Und auch einer klugen Strategie, die Niko Kovac da entworfen hatte.

Warum war bei den Bayern nach dem Aus gegen Madrid die Luft raus?

Er ließ die lange pomadigen, zaghaften, viel zu langsam aufbauenden Bayern immer wieder aggressiv und entschlossen aus dem Mittelfeld heraus anlaufen und attackieren. Auch mental wirkten die Eintracht-Akteure stark, denn nach dem Gleichstand brachen sie nicht ein, sondern begannen sich wieder energischer zu wehren, nach vorne zu spielen und gnadenlos zuzuschlagen. Die Münchner wurden beim 0:1 wie beim 1:2 nach krassen Ballverlusten (James) ausgekontert, beide Male konnten Mats Hummels und Niklas Süle den Sprinter Rebic nicht mehr einholen.

Es waren irgendwie bezeichnende Szenen: Die Bayern vollbrachten ihr Werk an diesem Tag zu wenig engagiert und inspiriert. Nach dem Halbfinal-Aus in der Champions League gegen Real Madrid war bei ihnen die Luft raus. Normalform hatten zum Saisonfinale allenfalls Franck Ribery und mit Abstrichen Hummels, während Thiago in einem wichtigen Spiel wieder einmal sein Können nicht einbrachte und auch James abtauchte. Lewandowski hatte ein paar, aber zu wenige lichte Momente. Die einfallslosen und meist schlecht getretenen Hereingaben wurden von den kopfballgewaltigen Frankfurtern um David Abraham und Carlos Salcedo in aller Regel aus der Gefahrenzone befördert. Boateng vorne bildete eine präsente, widerstandsfähige und ungemein abgezockte Anspielstation, dazu einen vorbildlichen Leader. Es zahlte sich aus, ihm diese Rolle zuzuteilen.

Wir sollten Heynckes, diesem Gentleman des Fußballs, glauben

Kovac verlässt Frankfurt nun mit einem Titel, der diesen Klub in die Europa League hievt . Er hat eine Mannschaft über die Relegation und das letztjährige Pokal-Endspiel (1:2-Niederlage gegen Dortmund) nun zum Pokalsieg dirigiert. Dieser Erfolg rundet sein Wirken bei der Eintracht ab: Er hat gezeigt, dass er die gewiefte Taktik und die emotionale Vorbereitung einer Mannschaft beherrscht. Deshalb war es für ihn auch ein Sieg für seine persönliche Zukunft - und hat damit mittelbar auch für den FC Bayern etwas Gutes: Voreilige Zweifel an der Qualität dieses Trainers sind damit vorerst eingeebnet.

kicker-Chefreporter Karlheinz Wild

kicker-Chefreporter Karlheinz Wild kicker

Jupp Heynckes, der das Fehlen der meisten Bayern bei der Pokalübergabe an die Frankfurter als organisatorisches Missverständnis erklärte - wir sollten diesem Gentleman des Fußballs glauben -, verabschiedet sich trotz des ausgebliebenen Happy Ends ehrenvoll in den definitiven Ruhestand. Er hat seine Mission beim FC Bayern erfüllt und den Rekordmeister wieder zur Meisterschaft geführt, nach fünf Punkten Rückstand bei seiner Amtsübernahme im Oktober 2017.

Zwayers Fehlentscheidung passt zum ersten Jahr mit dem Videobeweis

Eintracht Frankfurt hat bewiesen, dass ein mutiger, konsequenter und gut organisierter Herausforderer selbst den übermächtigen deutschen Primus ärgern kann, zumindest in einem Spiel. Die Pokalsieger und ihr scheidender Coach haben damit auch der im Saison-Alltag so verschüchterten Bundesliga eine Botschaft und einen Auftrag für 2018/19 mitgegeben: Traut euch gegen die Bayern!

Einen bezeichnenden Ausklang fand die Spielzeit 2017/18 - treffend noch in der Schlussminute - beim Thema Videobeweis. Half dieses in den vergangenen Fußballmonaten so heftig diskutierte und angesichts der unzulänglichen Einführung zu Recht kritisierte Instrument bei der Frankfurter 2:1-Führung noch - auch wenn der Jubel mit schrecklicher Kälte unterbrochen wurde -, so hätte es nach Boatengs Aktion gegen Javi Martinez Strafstoß geben müssen . Schiedsrichter Felix Zwayer entschied trotz der Videobilder falsch. Es passte zum ersten Jahr mit dem Videobeweis.