Bundesliga

Videobeweis, DFL: Ansgar Schwenken: "Wir fühlen uns sehr gut vorbereitet"

Erste Einblicke in die Zentrale in Köln

Schwenken zum Videobeweis: "Wir fühlen uns sehr gut vorbereitet"

So sieht das aus: Einer der Videobeweis-Arbeitsplätze in Köln.

So sieht das aus: Einer der Videobeweis-Arbeitsplätze in Köln. kicker

Am Donnerstag gewährten DFL und DFB einen spannenden Einblick in jenen in Köln errichteten Monitorraum, von dem aus die Videoschiedsrichter den Schiedsrichtern in den Stadien in Sekundenschnelle ihre Erkenntnisse mitteilen sollen.

Der Blick auf den Kölner Dom, der auf der anderen Rheinseite vis-à-vis des Cologne Broadcasting Centers in Köln-Deutz thront, wird den Videoschiedsrichtern und ihren Operatoren während der Arbeit verwehrt bleiben. Der Weg in das Video-Assist-Center, wie der Videoschiedsrichter-Raum offiziell genannt wird, führt durch verwinkelte Gänge des Gebäudekomplexes. Fenster? Fehlanzeige. In Deutschland wird auf einen vor dem Stadion platzierten Video-Van, wie ihn etwa die FIFA bei ihren Tests bisher gern einsetzt hat, verzichtet. Stattdessen wird mit Beginn der neuen Saison von Köln aus eingegriffen, wenn in einem Bundesligastadion eine Einschätzung des Schiedsrichters auf dem Feld revidiert oder eine Entscheidung zwingend getroffen werden muss.

zum Thema

Sechs feste Arbeitsplätze (bei Bedarf erweiterbar, beispielsweise an den finalen beiden Spieltagen) mit mehreren Monitoren stehen auf rund 100 Quadratmetern zur Verfügung, an jedem wird jeweils ein speziell geschulter Schiedsrichter sitzen, flankiert durch zwei so genannte "Operatoren". Das sind Spezialisten des Technologiepartners Hawk-Eye, die dafür Sorge tragen, dass der Videoschiedsrichter einen sofortigen Blick auf sämtliche Kameraeinstellungen (ab der neuen Saison mindestens 19, maximal 21) erhält. Die blitzschnelle Bildaufbereitung funktioniert hochmodern per Touchscreen.

Stark, Perl und Drees bleiben aktiv

Eine einjährige Videobeweis-Testphase ist nun vorüber, Sascha Stegemann bezeichnet die vergangenen Monate als "total spannendes Projekt". Es habe "Spaß gemacht, Neuland zu betreten", sagt der Bundesligaschiedsrichter, der weiterhin auf gewohntem Terrain eingesetzt wird, aber eben auch als Videoschiedsrichter in der Kölner Videobeweis-Zentrale. Insgesamt werden 27 Schiedsrichter für diese Aufgabe qualifiziert sein: Die 23 Hauptschiedsrichter der vergangenen Saison inklusive des aus Altersgründen ausscheidenden Trios Wolfgang Stark, Günter Perl und Jochen Drees, mit im Boot sitzen zudem die vier neuen Erstliga-Referees Bibiana Steinhaus, Sven Jablonski, Martin Petersen und Sören Storks.

Sascha Stegemann

"Total spannendes Projekt": Sascha Stegemann über den Videobeweis. kicker

Ansgar Schwenken aus der DFL-Geschäftsleitung hebt Deutschland als "internationalen Innovationstreiber" hervor: "Wir sind die einzige Liga, die den Videobeweis in dieser Form zur neuen Saison anwendet." Im vergangenen Jahr wurden 127 Offline-Tests (Videoschiedsrichter begleiteten Pflichtspiele im Hintergrund) und 114 Pre-Life-Tests (Praxisübungen bei Jugendspielen etc.) durchgeführt. "Wir fühlen uns sehr gut vorbereitet", betont Schwenken.

Bei dem gesamten Projekt wollen DFL und DFB auf "größtmögliche Transparenz" setzen, betont Schwenken. So soll der Videoschiedsrichter, der in Köln für das jeweilige Spiel zuständig ist, öffentlich namentlich genannt werden. Den Fernseh-Zuschauern soll zudem die Kameraeinstellung gezeigt werden, auf deren Grundlage der Videoschiedsrichter seine Entscheidung maßgeblich fußt. Auf den Anzeigentafeln in den Stadien werden die Bilder indes nicht zu sehen sein, zumindest vorerst.

Kostenpunkt: 1,8 Millionen Euro

Streng genommen gelten auch die nächsten Monate als Testphase. Erst im Frühjahr 2018 werden die Fußball-Regelhüter des IFAB entscheiden, wie mit dem Videobeweis definitiv weiter verfahren wird. Klare Tendenz: Einführung. Es gilt als sicher, dass die Technologie auf größtmöglicher Bühne bei der WM 2018 in Russland eingesetzt wird. Andernfalls hätten sich DFL und DFB wohl genau überlegt, ob sie als "Innovationstreiber" derart hohen personellen, organisatorischen und finanziellen Aufwand betreiben wollen. Die Kosten belaufen sich beim Blick auf die "technisch-organisatorische Durchführung auf rund 1,8 Millionen Euro", erklärt Schwenken. Personalkosten exklusive.

Im Dienste der Gerechtigkeit eine vertretbare Größenordnung? Tatsache jedenfalls ist: Die unabhängig von der Videobeweis-Testphase erfolgte detaillierte Aufarbeitung aller 306 Bundesligaspiele der vergangenen Saison hat ergeben, dass die Schiedsrichter 104 spielrelevante Fehlentscheidungen trafen. 77 davon wären mittels Videobeweis korrigierbar gewesen.

Toni Lieto