Bundesliga

Fink: "Es war meine härteste Erfahrung"

HSV: Interview mit dem Hamburger Trainer

Fink: "Es war meine härteste Erfahrung"

Geschafft! HSV-Coach Thorsten Fink und Boss Carl-Edgar Jarchow.

Geschafft! HSV-Coach Thorsten Fink und Boss Carl-Edgar Jarchow. picture alliance

kicker: Herr Fink, kurz vor Ihrem Amtsantritt im Oktober 2011 orakelte Franz Beckenbauer, der HSV bräuchte keinen Trainer, sondern einen Zauberer, um gerettet zu werden. Wie groß ist Ihre Erleichterung, ohne Zauberei ans Ziel gekommen zu sein?

Thorsten Fink: Die Erleichterung ist groß. Ich wollte schließlich nicht der erste Trainer in der Geschichte sein, der mit dem HSV in die 2. Liga absteigt.

Trainersteckbrief Fink
Fink

Fink Thorsten

Hamburger SV - Vereinsdaten
Hamburger SV

Gründungsdatum

29.09.1887

Vereinsfarben

Blau-Weiß-Schwarz

mehr Infos
Hamburger SV - Die letzten Spiele
1. FC Nürnberg Nürnberg (H)
4
:
1
SC Paderborn 07 Paderborn (A)
1
:
0

kicker: Nach außen hin wirkten Sie zumeist souverän. Wie sah es während der letzten Wochen in Ihrem Inneren aus?

Fink: Es war schon eine besondere Anspannung da, das kann ich nicht leugnen. Ich war mir der großen Verantwortung in Hamburg bewusst. Hinzu kommt: Ich bin aus meiner Spieler- und Trainerkarriere Druck gewohnt, zumeist aber ging es darum, um Titel mitzuspielen. Der Abstiegskampf war auch für mich eine neue Erfahrung.

kicker: Die bisher härteste Ihrer noch jungen Trainerkarriere?

Fink: Ja, es war die härteste Erfahrung. Denn im Abstiegskampf geht es auch immer um Existenzen, um Arbeitsplätze von Mitarbeitern auf der Geschäftsstelle. Das ist schon noch mal ein anderer Druck als der, um Meisterschaften zu kämpfen. Damit sind wir alle gut umgegangen. Der gesamte Verein hat richtig zusammengehalten. Das war unser großes Plus. Wir sehen ja, dass dies nicht in allen Klubs so ist.

kicker: Wie sind Sie persönlich mit dem Druck umgegangen?

Fink: Für mich war, gerade in den letzten Wochen, wichtig, dass ich das totale Vertrauen gespürt habe. Vom Vorstand, vom Aufsichtsrat und gerade auch von den Fans, die uns wirklich viel Rückendeckung gegeben haben. Dieses enge Zusammenstehen ist etwas, was wir mitnehmen können in die Zukunft. In solchen Krisensituationen wächst auch immer etwas zusammen.

Abstiegskampf kann nicht unser Anspruch sein. Aber ich werde jetzt nach der Rettung nicht gleich die ganz großen Ziele verkünden.

Thorsten Fink

kicker: Stichwort Zukunft. Frank Arnesen richtet den Blick nach vorn und will mittelfristig wieder den Europacup anpeilen. Ein realistisches Ziel?

Fink: Wir müssen uns in der kommenden Saison wieder weiter nach oben orientieren, das steht außer Frage, Abstiegskampf kann nicht unser Anspruch sein. Aber ich werde jetzt nach der Rettung nicht gleich die ganz großen Ziele verkünden.

kicker: Mit David Jarolim geht ein Profi, auf den Sie im Abstiegskampf ganz entscheidend gesetzt haben. Haben Sie überlegt, Ihre Entscheidung gegen einen neuen Vertrag zu revidieren?

Fink: David Jarolim hat uns in einer schwierigen Phase sehr geholfen und ich freue mich für ihn, dass er von den Fans so gefeiert wurde. David war eine Identifikationsfigur, er und Mladen Petric haben einen würdigen Abschied bekommen. Aber wir verfolgen eine langfristige Kaderplanung.

kicker: Vor allem Frank Arnesen soll sich gegen eine Verlängerung mit Jarolim ausgesprochen haben. Waren Sie in dieser Personalie einer Meinung?

Fink: Frank und ich sind uns eigentlich immer einig. Und wir wollen auf seiner Position noch einen Spieler holen.

Wir wollen nicht so viele Leute holen und das Gros dieses Kaders halten.

Thorsten Fink

kicker: Auch Dirk Kuijt ist als Neuling im Gespräch.

Fink: Er hat Klasse, ist außerdem ein Kämpfer. Über die Qualität dieses Spielers müssen wir nicht viele Worte verlieren. Ob es ein Thema wird, ihn zu verpflichten, werden wir sehen.

kicker: Wie gravierend sollen die anstehenden Veränderungen am Kader für die kommende Saison ausfallen?

Fink: Wir wollen nicht so viele Leute holen und das Gros dieses Kaders halten.

kicker: Trotz der Zittersaison?

Fink: Ja, weil ich der Überzeugung bin, dass diese Mannschaft gelernt hat. Wir mussten immer mit der Hypothek von nur einem Punkt aus den ersten sechs Spielen leben, haben uns dann auch nach erneut nur einem Punkt aus sechs Spielen im Frühjahr und dem 0:4 in Hoffenheim wieder zusammengerissen und starke Nerven gezeigt. Das ist auch eine Qualität.

kicker: Reicht das für bessere Aussichten?

Fink: Es ging in unserer Situation am Ende nicht mehr um tollen Fußball, aber dass wir in Zukunft besser spielen müssen, ist doch ganz klar. Und vor allem müssen wir konstanter werden.

Interview: Sebastian Wolff