Bundesliga

Lahm: "Für die Liga muss international mehr drin sein"

Forderung des Weltmeisters von 2014

Lahm: "Für die Bundesliga muss international mehr drin sein"

Sprach im kicker-Interview unter anderem über die Situation der Bayern ohne Robert Lewandowski und die WM in Katar: Philipp Lahm.

Sprach im kicker-Interview unter anderem über die Situation der Bayern ohne Robert Lewandowski und die WM in Katar: Philipp Lahm. IMAGO/Ulrich Hufnagel

Neben dem erneut "besten Kader" sieht Lahm einen weiteren Grund für die ausgeprägte Vormachtstellung der Bayern: "Die Siegermentalität wurde über Generationen entwickelt und weitergegeben. Gerade auch über die ehemaligen Spieler, die seit 40 Jahren diesen Verein führen. Wo gibt es das sonst? Da sind die Münchner einzigartig in Europa." Auf dem Feld sieht er zwei ehemalige Teamkollegen als aktuell entscheidende Figuren: "Bei den Bayern stehen Thomas Müller und Manuel Neuer für dieses Selbstverständnis, sie sind die Führungspersönlichkeiten, die eine Mannschaft braucht. Natürlich hat der FC Bayern auch drumherum exzellente Spieler, aber diese beiden geben den Ton an und strahlen ihre Haltung auf die Mitspieler aus."

Eine ähnliche Entwicklung traut er aber auch dem vermeintlich schärfsten Konkurrenten zu: "Einen solchen Kern braucht Dortmund genauso. Mit den Verstärkungen kann dort eine Achse entstehen, die für jedes Team enorm wichtig ist." Weshalb der achtmalige Meisterspieler zumindest die Hoffnung hat, das Titelrennen könne in dieser Saison länger offen bleiben als in jüngster Vergangenheit.

"Es kann ohne Lewandowski funktionieren - muss aber nicht"

Durchaus beeindruckt ist Lahm von der neuen Flexibilität der Münchner Offensive nach dem Abschied Lewandowskis. Die Torfestivals im Supercup gegen Leipzig (5:3) sowie in Frankfurt seien aber noch kein ausreichender Maßstab: "Ich bleibe neugierig: Es kann funktionieren, muss aber nicht." Gefordert sei nicht zuletzt der Coach, ohne Lewandowski einen neuen Ansatz zu finden: "Julian Nagelsmann muss jetzt zeigen, wie er die Mannschaft entwickeln kann." Zugleich appelliert Lahm, Trainern generell mehr Zeit zu geben: "Die vielen Trainerwechsel sehe ich kritisch. Jürgen Klopp und Pep Guardiola sind Paradebeispiele dafür, dass selbst große Trainer Zeit brauchen, um eine Handschrift zu hinterlassen."  

Mit Blick auf Nagelsmann erkennt Lahm da definitiv Potenzial: "Er hat in Hoffenheim und Leipzig bewiesen, dass er Mannschaften entwickeln kann. Die Konstellation bei einem der größten Klubs der Welt war - gerade für einen jungen Trainer - schwierig. Ein Titel war okay. Aber beim FC Bayern muss mehr als ein Titel herausspringen, um wirklich erfolgreich über mehrere Jahre arbeiten zu können. Man  wird sehen, wohin die Entwicklung gehen wird. Das erste Jahr unter Jupp Heynckes 2011/12 war auch nicht das erfolgreichste, wir wurden dreimal Zweiter - und gewannen 2013 das Triple."

WM in Katar: "… da macht man sich schon Gedanken"

Bei der Winter-WM in Katar wird Lahm, Turnierdirektor der EURO 2024 in Deutschland nicht persönlich vor Ort sein: "Ich zähle nicht zur Delegation und bin nicht scharf darauf, als Fan hinzufliegen. Da verfolge ich das Turnier lieber von Zuhause aus. Wenn ich in meiner Funktion als EURO-Turnierdirektor einen Auftrag oder eine Agenda in Katar hätte, sähe das natürlich anders aus." Die Ausrichtung im Emirat sieht er generell höchst kritisch: "Menschenrechte sollten bei der Turniervergabe mit die größte Rolle spielen. Wenn ein Land den Zuschlag bekommt, das in dieser Beziehung mit am schlechtesten abschneidet, macht man sich schon Gedanken, nach welchen Kriterien da entschieden wurde. Das sollte in Zukunft nicht mehr passieren. Menschenrechte, Nachhaltigkeit, Größe des Landes - all das hat anscheinend keine Rolle gespielt."

Dass sich Manuel Neuer und Kollegen dazu auch während der Veranstaltung vor Ort äußern werden, hält Lahm für selbstverständlich: "Als Spieler kommst du heute da gar nicht mehr drumherum." Seine generelle Erwartung ans Team von Bundestrainer Hansi Flick formuliert der DFB-Ehrenspielführer so: "Wir haben viel über Werte gesprochen. Auch deren Verkörperung gehört zum Auftreten. Wenn ich die letzten beiden Turniere sehe, war der Auftritt auf dem Platz und außerhalb nicht so, dass sich jeder damit identifizieren konnte. Das wäre aber wichtig und das wünsche ich mir. Und sportlich gehören wir immer zu den Favoriten. Also wünsche ich mir, dass Deutschland bis zum Ende dabei ist."

Thiemo Müller, Karlheinz Wild

Außerdem erklärt Lahm im großen kicker-Interview (Montagsausgabe oder im eMagazine), warum er sich gegen Playoff-Spiele ausspricht, für die Beibehaltung der 50+1-Regel plädiert, wie er die Außendarstellung von Bayern-Boss Oliver Kahn empfindet, warum sein Sohn öfter in der Allianz-Arena anzutreffen ist als er selbst - und was er als Turnierdirektor 2024 definitiv anders machen wird als Franz Beckenbauer bei der Heim-WM 2006.