Dass Lucien Favre den eng getakteten Spielplan in dieser Saison problematisch findet, hat der Schweizer bereits öfter zum Ausdruck gebracht. Am Dienstag schlug der 63-Jährige vor der für den Abend geplanten Abreise zum Champions-League-Spiel in Brügge erneut ernste Töne an. "Wir wissen, dass es in Belgien gefährlich ist, aber es ist derzeit überall gefährlich. Trotzdem müssen wir fliegen", sagte Favre, bevor er nachschob: "Wir wollen das natürlich auch. Es ist Champions League, für uns ist es ein wichtiges Spiel. Aber wir müssen aufpassen." Es sei "sehr gefährlich, was wir machen, wir sind am Limit". Aber, so Favre, "wir haben keine Wahl und konzentrieren uns auf das Spiel".
In Manuel Akanji und Emre Can infizierten sich in den vergangenen Wochen bereits zwei Borussen mit dem Coronavirus und fielen anschließend aus. Andere Teams in Europa wurden zuletzt noch deutlich härter getroffen. Damit beim BVB nicht noch weitere Spieler erkranken, ergreift der Klub rund um das Spiel am Mittwoch besondere Maßnahmen. So fand die Abschlusspressekonferenz ebenso auf dem klubeigenen Trainingsgelände in Dortmund statt wie das Abschlusstraining am Nachmittag. Erst danach bricht der schwarz-gelbe Tross per Flieger auf nach Brügge, wo der BVB in einem Hotel abgeschirmt von der Außenwelt untergebracht ist.
Gute Nachricht: für 'nen Muskelfaserriss bin ich zu langsam, am Samstag will ich wieder dabei sein.
Mats Hummels auf Twitter
"Wir tun alles, um die Mannschaft und alle ums Team herum möglichst gut abzuschotten. Das hat in Rom sehr gut funktioniert", sagte Dortmunds Mediendirektor Sascha Fligge. So wird der BVB von eigenen Köchen und eigener Security begleitet, um in Brügge nicht auf externe Kräfte angewiesen zu sein. Nach dem Spiel geht es direkt per Flieger zurück in die Heimat, um den Aufenthalt im von der Corona-Pandemie stark getroffenen Belgien so kurz wie möglich zu halten. Denn: "Die Situation dort ist dramatisch", sagte der ebenfalls auf der Pressekonferenz anwesende BVB-Rechtsverteidiger Thomas Meunier, dessen Familie in Belgien lebt. "Die Lage ist seit Monaten katastrophal. Deshalb bin ich froh, dass ich in Deutschland spiele und nicht in Belgien. Hier passt der Klub gut auf uns auf."
Auch das sportliche Risiko hat sich vor der Abreise erhöht, denn seit Dienstagvormittag steht fest, dass der BVB in Brügge auf Abwehrchef Mats Hummels verzichten muss. Der Innenverteidiger leidet noch unter muskulären Problemen, die er sich beim 2:0-Auswärtssieg in Bielefeld am vergangenen Samstag zugezogen hatte. Selbstironisch twitterte er: "Schlechte Nachricht: für das Spiel morgen gegen Brügge reicht es leider nicht. Gute Nachricht: für 'nen Muskelfaserriss bin ich zu langsam, am Samstag will ich wieder dabei sein." Dann steht das Duell gegen seinen Ex-Klub FC Bayern an.
Stellt Favre wieder auf Dreierkette um?
Für das Spiel in Brügge bangt Favre aktuell allerdings noch um eine weitere Stütze: Hinter dem Einsatz von Stürmer Erling Haaland, der zuletzt wegen leichter Kniebeschwerden passen musste, steht noch ein kleines Fragezeichen, beim Abschlusstraining ist der Norweger dabei. Während Favre in der Offensive diverse Optionen hat, um notfalls auf einen Ausfall Haalands zu reagieren, ist die Auswahl in der Defensive begrenzter, da neben Hummels auch die zentralen Verteidiger Can und Dan-Axel Zagadou nicht zur Verfügung stehen.
"Wir haben in Manuel Akanji nur noch einen Innenverteidiger, der es gewohnt ist, in einer Viererkette zu spielen", sagte Favre, der daher über eine Rückkehr zur Dreierkette nachdenkt. Dann stünden ihm in Lukasz Piszczek, Meunier, Axel Witsel und Thomas Delaney gleich mehrere Alternativen zur Verfügung, die an der Seite Akanjis verteidigen könnten.