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DFL kontert Hannover: "Unwahre Tatsachenbehauptungen"

Nach Vorwürfen wegen Kind-Votum im Investoren-Deal

DFL kontert Hannover: "Unwahre Tatsachenbehauptungen"

Die DFL reagierte auf die Vorwürfe von Hannover mit einem scharfen Schreiben.

Die DFL reagierte auf die Vorwürfe von Hannover mit einem scharfen Schreiben. IMAGO/Zink

"Insbesondere den wiederholten Vorwurf einer 'bewussten Untätigkeit' der DFL GmbH und der Gremien des DFL e.V." will man in der Guiollettstraße in Frankfurt/Main nicht auf sich sitzen lassen, so heißt es in dem dreiseitigen Brief, den die DFL an das gesamte Liga-Präsidium schickte und der dem kicker vorliegt. Hintergrund: Am Donnerstag hatte der e.V. der Niedersachsen die DFL hart attackiert mit einem offenen Brief. Unter anderem hatten 96-Vorstand und -Aufsichtsrat ihr vorgeworfen, ein Anhörungsverfahren, das ob des untragbaren Gegeneinanders in Hannover zwischen der Kapitalseite, also Kind, und dem e.V. gestartet wurde, nicht vorangetrieben zu haben.

Die beiden Liga-Geschäftsführer Dr. Marc Lenz und Dr. Steffen Merkel sowie der Liga-Chefjurist Jürgen Paepke wehren sich: "Wir haben auch deutlich gemacht, dass wir Wechselwirkungen mit dem BKartA-Verfahren (Bundeskartellamts-Verfahren, Anm. d. Red.) berücksichtigen müssen, um im Interesse aller Mitglieder des DFL e.V. die 50+1-Regel bestmöglich abzusichern, bevor im Rahmen eines streitigen Verfahrens zwischen der DFL und Hannover 96 GmbH & Co. KGaA / Herrn Kind wahrscheinlich ein ordentliches Gericht mit der Sache befasst wird."

Mit anderen Worten: Die Liga sah sich gezwungen, den Ausgang der Verhandlungen mit der Kartellbehörde abzuwarten, ehe sie den Sachverhalt in Hannover klären konnte, um die Bonner Regulierungsbehörde auf ihrer Seite zu haben, da sie eine Klage Kinds befürchtete. Tatsächlich hat sich das Regulierungsverfahren mit den Kartellwächtern zuletzt mehrfach verzögert wegen eines Befangenheitsantrags und dem Super-League-Urteil des Europäischen Gerichtshofs.

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Kern des Streits: Kind hat vermutlich mit "Ja" gestimmt

Kern des Streits zwischen dem Stammverein in Hannover und der DFL ist die naheliegende Vermutung, dass Kind im Dezember entgegen der Weisung des e.V. mit "Ja" für einen Private-Equity-Deal der Liga gestimmt habe. Es wurde mit 24 Stimmen exakt die nötige Zweidrittel-Mehrheit erreicht in einem geheimen Votum. Wie Kind gestimmt hat, ist folglich nicht final überprüfbar.

96-Vorstandsvorsitzender Sebastian Kramer und seine Mitstreiter beschuldigten die DFL, die Abstimmung gerade aus dem Grund der daraus folgenden Unbeweisbarkeit geheim durchgeführt zu haben. Was Merkel und Co. wiederum wie folgt widerlegen: Der Vorschlag der geheimen Wahl sei aus dem Präsidium und bereits im November gekommen, um die gleichen Bedingungen wie bei der Investoren-Abstimmungen im Mai 2023 vorzuhalten. "Gegen diesen Vorschlag des Präsidiums hat in der Mitgliederversammlung kein Club einen Einwand erhoben", schreiben Lenz, Merkel und Paepke und führen weiter aus: "Es ist zudem in aller Deutlichkeit die Behauptung zurückzuweisen, damit habe man Herrn Kind - ,vorsätzlich‘ (…) - ,ermöglicht, im gewünschten Interesse abzustimmen‘."

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Und noch einer dritten Attacke sehen sich die Liga-Manager zu Unrecht ausgesetzt. Nämlich der, dass sie im Vorfeld gewusst hätten, dass Kind mit "Ja" stimmen würde und sie deshalb die Abstimmung hätten verschieben müssen. Die Vermutung des "Ja" des Hörgeräte-Unternehmers liegt nahe ob der Klubs, die sich bislang offiziell zu ihrer Stimme bekannt haben. Bewiesen aber ist sie nicht, in einer geheimen Wahl ist das ohnehin unmöglich, und Kind selbst schweigt sich aus.

Das Schreiben gibt nicht her, dass damit das konkrete Abstimmungsverhalten von Herrn Kind angekündigt, evident oder bekannt wäre.

DFL

Die 96-Vereinsvertreter verargumentieren ihre Vermutung mit einer Erwiderung von Kinds Anwalt auf die Weisung des e.V. hin. Dieser teilte dem Stammverein in einer E-Mail vom 8. Dezember 2023 mit: "Wie wir bereits mit Schreiben vom 04. Dezember 2023 deutlich gemacht haben, werden im Rahmen der anstehenden DFL-Mitgliederversammlung Belange des Profifußballs diskutiert und gegebenenfalls entschieden. Dieser Bereich unterfällt nach dem vertraglich vereinbarten 2-Säulen-Modell nicht Ihren Weisungen. Es bleibt festzustellen, dass Sie erneut vorsätzlich gegen die vertraglichen Absprachen verstoßen."

Die Liga-Bosse merken dazu an, dass sich "das Abstimmungsverhalten von Herrn Kind (…) offenkundig nicht ableiten lässt" aus dem entsprechenden Schreiben des Anwalts des Geschäftsführers der 96-Lizenzgesellschaft. Ob das Weisungsrecht durch den höchstumstrittenen Hannover-96-Vertrag, das Grunddilemma für die Probleme am Maschsee, "wirksam beschränkt worden ist oder nicht, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. Das Schreiben gibt nicht her, dass damit das konkrete Abstimmungsverhalten von Herrn Kind angekündigt, evident oder bekannt wäre", argumentiert das DFL-Trio. Das behält sich "die Geltendmachung von Unterlassungs- und Widerrufsansprüchen gegen unwahre Tatsachenbehauptungen" vor, beschließt sein Schreiben an die 96er aber mit einem Dialogangebot.

Halbwegs friedliche Lösung zeichnet sich ab

Mittlerweile zeichnet sich zumindest unter den Klubs eine halbwegs friedliche Lösung ab. Immer mehr Vereine scheinen offen für einen angekündigten Antrag des 1.FC Köln, das Liga-Präsidium von seinem Abschlussmandat zu entbinden und lieber in der Mitgliederversammlung über einen möglichen Deal abstimmen zu lassen. Ob das allerdings die Proteste der Ultras beenden wird, steht auf einem anderen Papier.

Benni Hofmann