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BMW i3: Öko meets Premium

Das Elektromodell geht an den Start

BMW i3: Öko meets Premium

BMW i3: Das knapp vier Meter lange Gefährt ist neben dem Sportler i8 das erste Elektromodell des Premiumherstellers.

BMW i3: Das knapp vier Meter lange Gefährt ist neben dem Sportler i8 das erste Elektromodell des Premiumherstellers. Werk

Ganz schön mutig, was BMW da macht: So grundlegend und allumfassend ist bislang kein anderer Großserienhersteller das Thema Elektromobilität angegangen. Von wegen schnell mal den Verbrennungsmotor raus und Elektroantrieb rein! Beim i3 hat sich die neue Technik nicht dem Auto angepasst, sondern umgekehrt: Explizit ist er auf die Anforderungen des strombetriebenen Fahrens zugeschnitten worden. Dazu gehört auch eine konsequente Leichtbaustrategie, schließlich gilt es ja das Gewicht des Akkus – im Falle i3 wiegt er rund 240 Kilo – zu kompensieren. Also wurde für die Instrumentafel Magnesium verwendet, Aluminium fürs Chassis und carbonfaserverstärkter Kunststoff für die Fahrgastzelle. Die Fasern werden im Rahmen eines Joint Ventures mit SGL im US-amerikanischen Moses Lake hergestellt, dann im oberpfälzischen Wackersdorf zu textilen Gelegen und schließlich in den BMW-Werken Landshut und Leipzig zu Karosserieteilen weiterverarbeitet. Die dazu benötigte Energie gewinnt man aus Wasser- (Moses Lake) oder Windkraft (Leipzig).

Für das Projekt "i" hat BMW viel Geld in die Hand genommen, viel, viel Geld. Von mehr als drei Milliarden Euro ist die Rede. Jetzt ist das Baby serienfertig, und nicht nur der hohen Investitionen wegen sieht Projektleiter Andreas Feist dem Verkaufsstart im November mit Spannung entgegen. Jetzt, sagt er, käme es darauf an, "die Kunden in den Wagen zu bringen".

Kein beklebtes Mauerblümchen

BMW i3 Heck

Gar nicht typisch BMW: Der i3 baut hoch auf und ist – der Reichweite wegen – auf schmalen Reifen unterwegs. Werk

Designtechnisch hat man ersichtlich alles getan, das Elektromobil nicht in der Masse zu verstecken. "Der i3 fällt auf", stellt Feist zufrieden fest, "die Leute gucken". Den knapp vier Meter langen Kompakten als "Mauerblümchen mit Aufkleber rumfahren" zu lassen, nein, das habe keinen Sinn gemacht. Für einen BMW gänzlich untypisch sieht der i3 aus, er baut hoch auf, hat kurze Überhänge, steht auf schmalen Rädern und besitzt keine B-Säule, dafür aber gegenläufig aufschwingende Türen, ganz ähnlich wie der Opel Meriva. Die hinteren lassen sich allerdings nur öffnen, wenn vorher die vorderen aufgemacht worden sind, zudem sind die Fensterscheiben im Fond nicht herunterzufahren. Grundsätzlich kommt der stromernde Bayer zweifarbig daher, optisch markiert er eine ungewöhnliche Mixtur aus freundlicher Knuffigkeit und High-Tech-Attitüde.

Luftige Loft-Atmosphäre

Auch die Einrichtung des viersitzigen Fahrgastbereichs folgt neuen Mustern, zumindest teilweise. Platz? Ist ausreichend vorhanden, das Raumgefühl ist luftig, vor allem vorne. Weil der E-Motor (Höchstleistung 170 PS) direkt über der anzutreibenden Hinterachse sitzt, gibt es keinen störenden Mitteltunnel. Der Kofferraum, na ja, könnte etwas größer sein, 260 l sind nicht die Welt, lassen sich aber bis auf 1100 l erweitern. Von "Loft"-Atmosphäre spricht BMW und davon, dass für den Innenraum ein hoher Anteil an Recycling-Werkstoffen und nachwachsenden Rohstoffen verwendet worden ist. Teile des schwebend erscheinenden Armaturenträgers und die Türverkleidungen sind beispielsweise aus den Fasern der Kenaf-Pflanze gefertigt worden, das sieht ebenso ökologisch aus wie es sich anhört, ein bisschen handgefilzt. Wer entsprechend investiert, bekommt zu knapp 2000 Euro das "Lodge"-Paket, zu dem dann Feines wie "offenporiges Eukalyptusholz aus zertifizierter nachhaltiger Forstwirtschaft" und eine "Wollstoff-Naturleder-Kombination" für die Polster zählen. Öko meets Premium, manifestiert auch durch die beiden großen Flatscreens im schicken iPad-Stil.

BMW i3 innen

Interieur: Gegen Aufpreis mit Leder und Eukalyptus-Holz, die beiden Flatscreens sind serienmäßig. Werk

Fahrtechnisch der BMW unter den E-Mobilen

Was der BMW unter den Elektromobilen ist, darf sich fahrtechnisch nichts nachsagen lassen, und entsprechend dynamisch legt sich der i3 ins Zeug. Keine Frage, so macht Stromern Spaß! Reinsetzen, den "Start"-Button drücken, am wuchtigen und direkt an der Lenksäule installierten Gangwahlschalter die Fahrstufe "D" wählen und, flüsterleise, losdüsen. Typischerweise für ein E-Auto stellt der i3 sein Drehmoment (250 Nm) vom Fleck weg bereit, schwirrt an der Ampel also mit entsprechendem Nachdruck ab und saust binnen 7,2 Sekunden bis auf Tempo 100. Bei 150 km/h regelt die Elektronik ab, allzu schnell wär' der 18,8-kWh-Akku sonst leergesogen. Die Lithium-Ionen-Batterie im Unterboden hält den Schwerpunkt schön tief, und so schnürt der BMW-Stromer durchaus ambitioniert um die Kurven. Sein Mini-Wendekreis von 9,86 Metern macht ihn gerade in der Stadt wunderbar beweglich und gewandt. Besser könnte allerdings der Fahrkomfort sein, wirklichen Sanftmut beweist der i3 nicht auf holpriger Wegstrecke. Sehr gewöhnungsbedürftig ist aber vor allem die ausgesprochen heftige Bremswirkung, die sich zum Zwecke der Rekuperation (Bremsenergierückgewinnung) einstellt, wenn der Fahrer vom Fahrpedal geht. Wer in gewohnter Manier vor der Ampel den Fuß "lüpft", bleibt viel zu früh stehen und muss den Wagen dann mit einem weiteren Stromstoß bis vor zur Haltelinie treiben.

Entscheidend im Umgang mit einem Elektrofahrzeug ist freilich stets die Frage: "Wie weit kommt der denn?" . Im Falle des i3 gibt BMW eine Praxisreichweite von 130 bis 160 Kilometern an, je nachdem, wie schwer der Fuß auf dem Fahrpedal lastet oder welcher Fahrmodus gewählt wird. Deren drei lassen sich über den so genannten "Fahrerlebnisschalter" anwählen, "Comfort", "Eco Pro" und "Eco Pro+". Letztere Stufe ist was für die Rettung aus höchster Reichweiten-Not, sie schaltet Killer-Verbraucher wie Klimaanlage und Heizung ab, zudem wird die Höchstgeschwindigkeit auf 90 km/h begrenzt. Das serienmäßige Navi bietet eine dynamische Reichweitenkarte, die neben dem Ladezustand des Akkus auch das Streckenprofil, die Temperatur oder die Verkehrslage berücksichtigt.

Bargeldlos Zahlen an der Ladestation

BMW i3 Ladestation

An der Strom-Tanke: Über die Zentralverriegelung wird auch das Kabel diebstahlsicher verankert. Werk

Erste Fahreindrücke konnten mit dem i3 rund um Amsterdam gesammelt werden; ein Elektroauto-Paradies, nicht nur der flachen Straßen wegen, auf denen keine steilen Steigungen am Energievorrat des Akkus zehren, und auf denen sich die vom Display verheißenen 148 km Reichweite als vertrauenswürdige Ansage erwiesen. Paradiesische Verhältnisse finden E-Auto-Besitzer in den Niederlanden auch der hohen staatlichen Subventionen wegen vor, und ebenso angesichts des beruhigend dichtmaschigen Netzes an öffentlichen Ladestationen. Die Karte des – im übrigen serienmäßigen – Navigationsgeräts zeigt allein im Großraum Amsterdam deren 700 an. Um die Bezahlung möglichst komplikationslos zu gestalten, bietet BMW eine so genannte "ChargeNow"-Karte an, mit der sich an der Säule bargeldlos bezahlen lässt. In Deutschland sind diesem System rund 4500 "Zapfsäulen" angeschlossen.

Von der Couch aus aufgeladen

Eine spezielle App fürs Smartphone erlaubt es, den i3 gemütlich von der Couch oder aus dem Kaffeehaus vorzuklimatisieren, die Aufladung zu steuern, eine auf der Karte ausfindig gemachte Ladestation ans Navi zu schicken oder Mobilitätsplanung zu betreiben, die übers Auto hinausgeht. Eine Fußgängernavigation etwa kann vom Parkplatz ins Stadtzentrum oder zum Bahnhof lotsen, wo es mit Bussen oder Bahnen weitergeht - der Fahrplan wird gleich mitgeliefert.

Ladetechnisch kommt der i3 mit jeder Steckdose klar. An der Haushaltssteckdose ist er in rund acht Stunden wieder aufgeladen, eine spezielle Wallbox (sie kostet 895 Euro) macht den Akku in weniger als fünf Stunden wieder fit, und an eine Gleichstrom-Schnellladestation angedockt, ist der Wagen schon nach 20 Minuten zu achtzig Prozent einsatzbereit. Allerdings braucht es dazu eine Vorrüstung, die auf 1590 Euro kommt. Auf Wunsch vermittelt BMW auch einen Solar-Carport plus Wallbox, die – in einer speziellen Ausführung ¬ Wahlmöglichkeit zwischen "Tanken" von Solar- oder Netzstrom lässt, im ökologisch optimalen Fall wird der vom BMW-Partner "Naturstrom AG" erzeugt.

BMW i3 Navi

Wegweisend: Das Navigationssystem zeigt an, welche Ladestationen sich in der Nähe befinden und ob sie gerade frei zum Andocken sind. Werk

Keine Extra-Miete der Batterie

Anders als bei Herstellern wie Renault oder Nissan muss die Batterie nicht extra zum Auto hinzugemietet werden, sie ist im Kaufpreis von 34.950 Euro inbegriffen, ebenso wie Klimaanlage und Navigationssystem. Man habe Vertrauen in die Technik, sagt Andreas Feist, und verweist auf die 100.000 Kilometer oder acht Jahre umfassende Garantie, die es auf den Akku gibt.

Für diejenigen Kunden, die sich noch nicht recht an einen puren Stromer heranwagen wollen, bietet man zu 4.500 Euro übrigens auch eine Alternative: Den i3 mit reichweitenverlängerndem "Range Extender", einem 34 PS starken Zweizylindermotor.

ule