2. Bundesliga

Wirbel um 777 Partners: Wie lange bleibt bei Hertha alles ruhig?

Der US-Investor sorgt in Lüttich und Everton für Schlagzeilen

Wirbel um 777 Partners: Wie lange bleibt bei Hertha alles ruhig?

Seit März 2023 ist 777 Partners bei Hertha BSC mit an Bord.

Seit März 2023 ist 777 Partners bei Hertha BSC mit an Bord. picture alliance/dpa

Die Nachricht, mit der Hertha BSC am 16. April aufwartete, kam überraschend. "777 hat den eingeschlagenen Kurs mit einem Eigenkapitalinvestment von bislang 75 Millionen Euro unterstützt und steht voll hinter unserem Berliner Weg", erklärte Hertha-Geschäftsführer Thomas E. Herrich seinerzeit in einer Pressemitteilung. Die bei Vertragsunterzeichnung für Ende Mai 2024 vereinbarte Tranche sei bereits Anfang April und damit weit vorfristig eingegangen. Beim Zweitligisten, der vor einem Jahr lange um die Lizenz zittern musste und auch im aktuellen Lizenzierungsverfahren bis Ende Mai bei einer Bankkreditlinie nachjustieren muss, sorgte der frühe Eingang der 22-Millionen-Euro-Tranche für Aufatmen und einen Zuwachs an Planungssicherheit.

An anderen Standorten des US-Investors, der bei Hertha seit März 2023 78,8 Prozent der KG-Anteile hält, läuft es nicht ganz so rund und geräuschlos. Beim belgischen Traditionsklub Standard Lüttich, wo 777 Partners im März 2022 100 Prozent der Anteile erworben hatte, sorgen ausbleibende Gehaltszahlungen und unbezahlte beziehungsweise zu spät beglichene Rechnungen seit Tagen für Wirbel.

Zu Wochenbeginn hatte die belgische Tageszeitung Le Soir über die finanzielle Schieflage berichtet. Der belgische Journalist Sacha Tavolieri schrieb, dass wegen der leeren Klubkassen bis Saisonende keine Gehälter mehr an die Profis, zu denen Hertha-Leihgabe Wilfried Kanga gehört, gezahlt werden könnten. Am Freitagabend empfängt Standard in der Conference-League-Quali KVC Westerlo, Trainer Ivan Leko sagte: "Wir müssen in der Lage sein, das Gesicht zu wahren, aber ich werde meine Spieler verstehen, wenn sie mir sagen, dass sie angesichts der Situation nicht spielbereit sind."

Saisonfinale von Hertha BSC

Standard Lüttich droht neuerliche Transfersperre

Hinter den Kulissen soll seit längerem ein Machtkampf zwischen 777 und der sportlichen Führung des Klubs toben, schon vor Wochen schwappten Verkaufsgerüchte auf den Markt. Wegen der angespannten Lage droht Standard wie zuletzt im Dezember eine neuerliche temporäre Transfersperre.

"Unser Verein erschien an diesem Mittwoch im Rahmen der monatlichen Überprüfung vor der Lizenzierungskommission und erfuhr, dass uns eine vorübergehende Transfersperre auferlegt werde, weil wir nicht alle geforderten Zahlungsnachweise fristgerecht vorlegen konnten", schrieb der Klub in dieser Woche in einer Pressemitteilung. "Der Verein arbeitet daran, dass diese Sanktion in den kommenden Tagen aufgehoben wird."

Das norwegische Fußballportal Josimarfootball berichtete derweil, die beiden Hauptgläubiger von 777 in Belgien - darunter der frühere Standard-Eigentümer Bruno Venanzi - würden wegen nicht eingehaltener Zahlungsfristen die Beschlagnahmung aller Vermögenswerte des US-Investmentfonds in Belgien fordern.

Übernahme des FC Everton gerät ins Wanken

Nicht nur wegen solcher Schlagzeilen droht die seit Monaten im Rahmen der Multi-Club-Ownership-Strategie geplante Übernahme des Premier-League-Klubs FC Everton immer mehr ins Wanken zu geraten. Seit September sind sich Everton-Owner Farhad Moshiri und 777 Partners über den Verkauf der Moshiri-Anteile (94,1 Prozent) einig, aber der Deal zieht sich hin.

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Bislang konnte das Unternehmen aus Miami, dessen Kerngeschäft einst die Versicherungsbranche war und das später massiv ins Boeing-Leasing-Geschäft investierte, die Kriterien der Premier League nicht erfüllen. Die Übernahme hing zuletzt dem Vernehmen nach maßgeblich davon ab, ob 777 im Rahmen der Übernahme ein Darlehen in Höhe von 158 Millionen Pfund an MSP Sports Capital, das im Zuge das Stadionbaus geleistet worden war, zurückzahlen kann.

Im Februar, mitten im Übernahmeprozess, warf bei 777 Partners der langjährige Finanzvorstand (CFO) Damien Alfalla hin. Im vergangenen November hatte die Rating-Agentur AM Best die Kreditwürdigkeit von 777 Partners herabgestuft. Nach Recherchen des Guardian hat inzwischen die Aktionärsvereinigung des 1878 gegründeten Klubs Moshiri sowie die Liga aufgefordert, der geplanten Übernahme durch 777 Partners einen Riegel vorzuschieben.

"Respektlos gegenüber Mitaktionären, Fans und dem Fußball insgesamt"

Im Wortlaut heißt es: "In Ermangelung einer rechtzeitigen Entscheidung der Premier League bestehen wir darauf, dass der Vorstand von Everton und insbesondere Farhad Moshiri diesen schädlichen Prozess jetzt stoppen und anerkennen, dass 777 Partners zum jetzigen Zeitpunkt keine geeigneten Eigentümer des Everton Football Club sind. Die Verantwortlichen sind respektlos gegenüber unseren Mitaktionären, unserer fantastischen weltweiten Fangemeinde und dem Fußball insgesamt, wenn sie diese Farce weiter zulassen. Wir fordern eine Entscheidung, und zwar sofort."

Josh Wander, Hertha BSC

CEO Josh Wander bei der Pressekonferenz von Hertha BSC im März 2023 zum Einstieg des Investors 777 Partners. picture alliance/dpa

Am Freitag vergangener Woche hatte Leadenhall Capital Partners, ein in London ansässiger Vermögensverwalter, vor einem Bundesgericht in New York Klage gegen 777 Partners eingereicht. Der Vorwurf: 777 habe über 350 Millionen US-Dollar an Vermögenswerten als Sicherheiten an Leadenhall verpfändet, die entweder nicht existiert hätten, 777 nicht gehört hätten oder bereits an andere Kreditgeber verpfändet worden seien.

Auch bei den Airline-Beteiligungen von 777 Partners gibt es Turbulenzen

Auch bei den Luftfahrt-Beteiligungen von 777 Partners - der kanadischen Flair Airlines und der australischen Bonza - kam es zuletzt zu Turbulenzen. So sollen im März vier der geleasten Flugzeuge von Flair von Leasinggeber Airborne Capital wegen versäumter Leasingzahlungen beschlagnahmt worden sein. Zu Beginn dieser Woche berichtete Aviation Week, Flair Airlines habe sich von Investor 777 Partners getrennt. Die Anteile in Höhe von 25 Prozent sollen demnach ein unbekannter Investor übernommen haben. Bonza, finanziert von 777 Partners und dem Risikokapitalgeber Phoenix Aviation, setzte Ende April den Flugbetrieb aus und steht offenbar nicht mal 18 Monate nach der Aufnahme des Flugbetriebs vor dem Aus und einer möglichen Insolvenz.

Im Sport-Business, in das 777 seit Jahren weltweit investiert, gab es ebenfalls mehrere Vorgänge, die Fragen nach der Zahlungsfähigkeit oder -willigkeit des 2015 von Josh Wander und Steven Pasko gegründeten Unternehmens aufwarfen. Im vergangenen Jahr etwa war der brasilianische Klub Vasco da Gama, seit Februar 2022 im 777-Portfolio, wegen offener Transferzahlungen von der FIFA zwischenzeitlich mit einem Transferbann belegt worden. Auch bei der britischen Basketball-Liga BBL, in die 777 Partners Ende 2021 eingestiegen war, wurde zwischenzeitlich eine Zahlungsfrist nicht eingehalten.

Hertha erwartet in der nächsten Saison noch 25 Millionen Euro

Bei Hertha BSC soll es im vergangenen Jahr bei der Überweisung einer Tranche im zweistelligen Millionenbereich zu einer Verzögerung um einige Tage gekommen sein. Vom vor 14 Monaten vereinbarten 100-Millionen-Euro-Gesamtinvestvolumen stehen nach der Anfang April geflossenen Tranche noch 25 Millionen Euro aus. Die muss 777 Partners vertragsgemäß im Verlauf der Saison 2024/25 zahlen.

Immerhin: Anders als bei Vorgänger-Investor Lars Windhorst, dessen Tennor-Holding keinerlei Erfahrung und Expertise im Sport-Business vorweisen konnte, nutzt Hertha das Netzwerk und die Datenbank von 777 Partners. So half 777 im vergangenen Sommer nicht nur beim Kanga-Abgang nach Lüttich, sondern auch bei der Realisierung des Transfers von Haris Tabakovic (Austria Wien). Der Stürmer kostete dank einer Ausstiegsklausel nur knapp eine halbe Million Euro Ablöse - und schickt sich ein halbes Jahr nach seinem Debüt in der bosnischen Nationalmannschaft an, Zweitliga-Torschützenkönig in Deutschland zu werden.

Steffen Rohr

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